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Meine zweite Station ist die Appellation der Rhoneweine. Leider habe ich hier für keinen Auszug aus dem absolut empfehlenswerten Weinbuch “Göttertrank und Blendwerk” von Stuart Pigott. Er behandelt dort neben dem wohl bekan- ntesten Weinanbaugebiet Bordeaux noch das Burgund und die Champagne. Weisweine wie auch Champagner trinke ich äußerst selten. Vielleicht wird Sylvester eine “billige” Aldi oder Lidl Version entkorkt, allerdings reicht mir in den meisten Fällen auch ein vernünftiger Rieslinksekt, der erstens weniger als die Hälfte kostet und zweitens trockener und noch spritziger daher kommt. Ich bin mir im klaren, dass ich dem Champagner damit in seiner Gesamtheit unrecht tue, aber ich bin ja auch kein professioneller Kritiker, sondern schreibe hier über meine eigenen Präferenzen und Erlebnisse. Auch über meine wenigen Erfahrungen mit den Burgunderweinen lohnt es nicht zu schreiben, keinesfalls sind sie alle negativ ausgefallen - vorwiegend waren es schöne Weine, ob einfache Bourgogne oder 1er Crus - aber ich hatte bis auf einen Givry von Thenard noch keine Gelegenheit diese Weine über einen längeren Zeitraum zu kosten. Von dem Baron Thenard Givry, auch ein 1er Cru hatte ich 1997 die Gelegenheit eine 12er Kiste 90er zu kaufen. Der Verkäufer versicherte mir, dass dieser Wein aus sehr gutem Jahrgang sich noch über einen langen Zeitraum positiv entwickeln würde, er sich aber zurzeit wieder verschlossen hätte. Seine Aussage wollte ich natürlich überprüfen, konnte aber nur feststellen, dass der Wein zu der Zeit sehr hart und ausgesprochen nach Lakritze schmeckte. Nun, ein großer Jahrgang erfordert Geduld dachte ich und war fürs erste zufrieden. Die Flaschen sind inzwischen sämtlich geleert, die meissten hatten wohl einen Korkfehler, einige schmeckten regelrecht abscheulich, einige wenige waren gut, alle aber schmeckten derart nach Lakritze, dass ich jedes mal meinte einen Syrah Wein von der Rhone vor mir zu haben. Nun endlich im eigentlichen Zielgebiet angekommen, möchte ich zuerst behaupten, dass gerade die einfachen Standardweine der Appellation das größte Pfund ist mit dem dieses Gebiet im ständigen Kampf um die Käufergunst sich seit einiger Zeit in die vorderste Reihe der französischen Weine gearbeitet hat. Schon immer gab es hochklassige, rare und deshalb teure Weine, wie den Hermitage und Cote Rotie um nur zwei zu nennen, aber nicht automatisch bieten sie das größere Trinkvergnügen wenn sie mit einem gutem einfachem Cote du Rhone Wein verglichen werden. Das Angebot heutzutage ist schier unerschöpflich und wenn man ein besonderes Interesse an diesem warmen, lakritzartigen, pfeffrigen Wein hat kann man sich auf eine Entdeckungsreise begeben, für die ein Lebensalter nicht ausreichen kann. Zu den vielen großen Handelshäusern, die oftmals Weinbergsbesitz in allen wichtigen Appellationen besitzen und unzähligen Genossenschaften, für die Qualität die Sicherheit zu überleben bedeutet kommen mehr und mehr Kleinerzeuger. Entweder Quereinsteiger, die viel versprechende Parzellen aufkaufen konnten oder die sich durch Generations- wechsel aus althergebrachten Abhängigkeiten lösen und ihren Wein unter eigenem Namen verkaufen. Einher geht damit fast immer ein enormer Qualitätssprung. Ich habe mir einen kleinen Stamm von Delas Freres Weinen zulegen können. Probiert habe ich noch nicht alle Weine, berichten möchte ich vom Tricastin 99, Cornas 94 und vom Cote-Rotie 96. Sommer 2003: Der Coteaux du Tricastin ist meines Wissens der zweit preiswerteste Appellationswein von Delas, er dürfte überall im Handel für ca. 7 Euro verkauft werden. Der 98er Jahrgang wurde im Hachette mit einem Stern bewertet und so kommentiert: “Kirsche bei der Farbe, schwarze Johannis- beere und Brombeere im Duft, rote Früchte, die über die Verkostung hinaus gut anhalten. Den Geruchseindruck bereichern Gewürze und Noten der Garrigue im Department Drome. Was für eine Harmonie im Geschmack! Sehr samtige Tannine und ein Hauch von Lebhaftigkeit, der sie im Abgang verstärkt.” Der Rhone Jahrgang 99, selbst nicht ganz so hoch bewertet wie der 98er, wäre trotzdem mit diesem Text glaubwürdig beschrieben. Er schmeckte mir außerordentlich gut und die runde Harmonie war sein auffälligstes Merkmal. Kein Wein mit großer Tiefe und langem Abgang, aber sehr gekonnt mit tollem Spaßfaktor. Leider kenne ich die älteren Semester nicht, denn dann könnte ich einen Qualitätsvergleich zwischen dem alten und dem 1997 neu eingestelltem Kellermeister Jacques Grange ziehen. Von dem die Fachpresse behauptet, dass er die Weine von Delas wieder in die Spitzengruppe gehoben hat. Herbst 2003: Den Cornas Chante Perdrix 94 habe ich mit meinen beiden Geschwistern zu einem sehr schönen Essen, bestehend aus gemischtem Salat als Vorspeise und mariniertem in Öl gebackenem Gemüse und Fisch getrunken. Zur Einstimmung wurde eine Flasche Bourgogne gelehrt, von der meine Schwester sicher war sie würde uns munden. Ein angenehmer Begleiter, der weil nicht dekantiert erst beim letzten Glas zeigte was in ihm steckte. Dem Cornas schien die Luft im Glas zu reichen, das Bouquet betörend duftend nach Gewürzen und Kräutern, verschaffte ihm weitere Zeit sich zu entwickeln. Nachdem wir ausgiebig geschnüffelt hatten, nahmen alle gleichzeitig den ersten Schluck. Reintönige Essenz eines gut gelagerten Weines schärfte uns die Sinne und ließ die Unruhe im Raum verstummen, die Augen leuchteten in Erwartung eines langen Abgangs, der von Schluck zu Schluck mehr Tiefe hervor brachte. Ein großer Wein. Sommer 2003: Ich habe in nicht sehr großem Abstand den 96er und 94er des “Seigneur de Maugiron” Cote-Rotie getrunken. Der 96er mit keinerlei Alterungserscheinungen kam sehr fest und verschlossen daher, ihm fehlte die Wärme und betörende Harmonie des Tricastin, ebenso wie das Bouquet und die Tiefe des Cornas. Da der 96er noch nicht als trinkreif im kleinen Johnson aufgeführt wurde, habe ich mir noch eine Flasche 94er besorgt um meine aufkeimenden Zweifel möglichst schnell zu beseitigen. Viele sagen der Cote-Rotie wäre der potentiell feinste der Rhoneweine, der mit zunehmender Alterung eine komplexe und intensive Struktur annimmt. Komplex waren beide Jahrgänge, aber ohne Tiefe und offener Struktur. Dem 94er merkte man den Entwicklungsvorsprung an, auch an Stärke hatte er zugelegt, trotzdem fehlte auch ihm einiges um ein befriedigendes Ergebnis abzuliefern. Die Jahre werden entscheiden ob der 96er seiner Reputation gerecht werden kann. |