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Das Chateau Belgrave, ein 5er Grand Cru Classe in St-Laurent im Haut-Medoc erlebte nach dem zweitenWeltkriegeine eine lange Phase des stetigen Abstiegs, bis es 1979 von einer landwirtschaftlichen Grundgesellschaft übernommen wurde. Ab da ging es unter der Führung durch die Gruppe CVBG ( Dourthe- Kressmann) wieder bergauf. Renovierung der Weinkeller, Neuanpflanzungen im Weinberg und die Beanspruchung der Dienste von Professor Alain Reynier und Michel Rolland erbrachten ab dem Jahr 1989 wieder Weine, die dem eigentlichem Status eines 5er Grand Cru Classes entsprachen. Diese Bemühungen blieben der französischen Fachpresse nicht verborgen, 1995 schätzt der gastronomische Führer Gault et Millau den Wein von Chateau Belgrave “höher als seine tatsächliche Klassifizierung” ein und der Hachette nimmt drei aufeinander folgende Jahrgänge - 1990, 1991 und 1992 - als Favoriten auf. Der Hachette 2001 schreibt zum Jahrgang 1997: “Dieser Cru, seiner Größe nach ein stattliches Gut, verdient diese Bezeichnung auch durch die Qualität seines terroir, das in seinen Weinen immer perfekt zur Geltung kommt. Um sich davon zu überzeugen, reicht es aus, diesen 97er zu probieren: Er ist wohlausgewogen, mit einem Holzton, der im Hintergrund bleiben kann, und entfaltet verschmolzene Tannine, die mit den feinen Toast- und Gewürznoten des Bouquets und den reichen Aromen ( Kaffee und Kakao ) des Geschmacks harmonieren und einen komplexen, einheitlichen Gesamteindruck erwecken. Gekrönt wird das Ganze von einem schönen Abgang.” Der Jahrgang 94 ist dort fett gedruckt und wurde sicherlich ebenso mit 2 Sternen gewürdigt. Etwas zurückhaltender der kleine Johnson, der in schönster Regelmäßigkeit die positive Entwicklung der kleineren Grand Crus verschläft, hier wird das Chateau seit Jahren wie folgt beschrieben: “Etwa 43 ha, 5. Cru. Nicht sehr bekanntes Chateau im Hinterland von St-Julien, das von der Firma Dourthe gut geführt wird.” Von diesem Wein habe ich seit dem Jahr 2000 regelmäßig eine Flasche im Jahr getrunken, hier nun meine ganz subjektive Beurteilung zu den verschiedenen Entwicklungsstadien. Herbst 2000: Die Flasche habe ich über zwei Tage alleine getrunken, deshalb nicht dekantiert sondern direkt aus der Flasche ins Glas. Das Bouquet war ziemlich viel versprechend, jung und fruchtig, Brombeere und Röstaromen. Der erste Schluck eine kleine Enttäuschung, eine Harmonie im Wein war überhaupt nicht vorhanden, das erste Glas schmeckte schwach und wässerig, wie mir noch kein Cru Bourgeois selbst aus schlechten Jahren ( 91, 92 ) unter gekommen war. Das zweite Glas schon geschmeidiger, etwas Glycerin, Holz und Tannine spürbar, fruchtexstrakt war vorhanden, aber eine Harmonie wollte sich auch am zweiten Tag nicht einstellen, obwohl der Wein an Ausdruck und Stärke immer mehr zulegte. Winter 2001: Auch diese Flasche wurde nicht dekantiert, da wieder über zwei Tage getrunken. Das Bouquet ausgeprägter, der Geschmack von Anfang an harmonischer, Vanille, einiges an Neuholz und leicht parfümiert, insgesamt aber nicht ausgewogen und wenig Tiefe. Am zweiten Tag gingen Frucht und Holz so etwas wie eine Verbindung ein, doch spürbar körniges und leicht bitteres Tannin zeugten von noch mangelder Trinkreife! Winter 2002: Wieder direkt aus der Flasche, so schnell lernt man ja auch nicht, und über zwei Tage getrunken. Gute Konzentration, viel spürbares Holz aber immer noch flach oder eindimensional, würzig und stark nach Himbeerbonschen schmeckend. Das Tannin noch relativ bitter. Am zweiten Tag runder und ausgeglichener, er zeigte ein wenig Tiefe mit erkennbarem Abgang. Insgesamt aber immer noch vor der optimalen Trinkreife. Dieses Jahr folgt der vierte Versuch, auch wenn ich mir ziemlich sicher bin, dass ein vernünftiger Bordeaux Wein mindestens 10 Jahre gelagert werden sollte bevor man ihn entkorkt, ganz unabhängig ob es nun ein Grand Cru Classe oder ein Cru Bourgeois ist. |